Um die aktuelle Situation hinsichtlich der Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs für Frauen, die in Tirol leben, zu evaluieren, arbeitete das Aktionskomitee Schwangerschaftsabbruch zu Beginn dieses Jahres einen Fragenkatalog aus. Dieser wurde auf einzelne Zielgruppen abgestimmt und sollte so der ursprüngliche Plan an GynäkologInnen, praktische ÄrztInnen, Beratungseinrichtungen und Frauen, die bereits eine Schwangerschaft in Tirol abbrechen ließen, ausgeschickt werden. Wir erhofften uns dadurch einen ausreichenden Rücklauf von relevantem Datenmaterial, welches uns ein klares Bild zur Situation von Tiroler Frauen im Hinblick auf einen Schwangerschaftsabbruch in Tirol liefern sollte.
Nach eigenen Überlegungen und dem fachlichen Austausch mit ExpertInnen aus der Praxis kamen wir jedoch rasch zur Erkenntnis, daß es uns auf diese Weise nicht gelingen würde, zu wissenschaftlich sauber erhobenen, aussagekräftigen Daten für Tirol zu kommen. Eine Bedarfserhebung zu einem so tabuisierten Thema würde zwangsläufig eine hohe Dunkelziffer nicht erfassen.
Das Aktionskomitee Schwangerschaftsabbruch beschloss daraufhin, sich dem Thema auf andere Weise zu nähern. So fuhr eine Delegation des Aktionskomitees Schwangerschaftsabbruch zu einem bereits umgesetzten „best-practice-Beispiel“ für ambulante Schwangerschaftsabbrüche, zur Gynmed-Ambulanz nach Salzburg.
Im Gespräch mit dem Leiter der Gynmed-Ambulanz, Dr. Christian Fiala, sowie der dort tätigen Psychologin Mag.a Petra Schweiger erfuhren wir einige sehr interessante und auch für Tirol relevante Fakten.
Trauriges Faktum in Tirol ist, dass seit Beginn des Jahres 2014 nur mehr ein (!) niedergelassener Frauenarzt in Innsbruck die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches überhaupt anbietet. Da dieses Angebot zudem nur sehr hochpreisig zu haben ist, stellt es für viele der betroffenen Frauen keine bzw. eine nur unter größtem Aufwand zu realisierende Möglichkeit dar, in Tirol einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen.
Als Bundesländer mit sehr ähnlichen Bedingungen, kann man davon ausgehen, dass Tirol durchaus mit Salzburg zu vergleichen ist. Da für Salzburg bereits aussagekräftiges Datenmaterial vorliegt, ist es zulässig diese Zahlen aliquot auf Tirol umzulegen.
So hat Salzburg ca. 534.000 Einwohner, Tirol hingegen ca. 700.000.
In Salzburg verhüten rund 82% der fruchtbaren Erwachsenen, in Tirol hingegen lediglich 70%.
In Salzburg werden rund 800 Schwangerschaftsabbrüche pro Jahr durchgeführt. Rechnet man diese Zahl aliquot der EinwohnerInnenzahl auf Tirol um, so ergeben sich für Tirol rund 1.050 Schwangerschaftsabbrüche pro Jahr.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Salzburger Angebot nicht ausschließlich von Frauen, die in Salzburg leben, in Anspruch genommen wird, so verlangt diese „Prognose“ für Tirol möglichst rasch nach einer effizienten Lösung, um auch für Tiroler Frauen ein Ambulatorium oder eine Ambulanz für Schwangerschaftsabbrüche, das/die nicht gewinnorientiert arbeitet und dadurch ein kostengünstiger Anbieter sein kann, einzurichten.
Zusätzlich sei erwähnt, daß es in Österreich nur Krankenanstalten erlaubt ist, einen medikamentösen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen. Diese Tatsache nimmt den Staat in die Verantwortung, zumindest den medikamentösen Abbruch an öffentlichen Krankenhäusern anzubieten.
Das Aktionskomitee Schwangerschaftsabbruch hält es für sinnvoll, sich weitere „best-practice-Beispiele“ genauer anzusehen, um die Bandbreite an Möglichkeiten besser erfassen zu können und von den Erfahrungen der dortigen MitarbeiterInnen für Tirol profitieren zu können.
Hierfür bieten sich an:
Das Aktionskomitee Schwangerschaftsabbruch möchte darüber hinaus dazu anregen, einen runden Tisch zu organisieren. An diesem runden Tisch sollten politisch Verantwortliche, Entscheidungsträger der Universitätsklinik Innsbruck, GynäkologInnen, Dr. Wolf – der als einziger Arzt in Tirol Schwangerschaftsabbrüche anbietet, sowie Vertreterinnen des Aktionskomitees Schwangerschaftsabbruch teilnehmen. Das Ziel dieses Treffens soll sein, das für Tirol beste Modell zu erarbeiten und anschließend zu realisieren.
für das Papier verantwortlich:
Michaela Moser und Doris Stauder für das Aktionskomitee Schwangerschaftsabbruch